Es ist ein typischer SLAPP-Fall: Mittels strategischer Unterlassungsaufforderungen mit völlig überhöhtem fiktivem Streitwert gegen drei kleine unabhängige Buchläden und einen Stadtteilladen in Berlin versucht LAP Coffee die Verbreitung von kritischem Informationsmaterial über die LAP-Kette zu verhindern. Betroffen sind die Buchläden Schwarze Risse, OH*21, Zur Schwankenden Weltkugel und das Stadtteilbüro Friedrichshain.
SLAPP steht für „strategic lawsuit against public participation“, also „Strategische Klage gegen öffentliche Beteiligung“.

Die NoSLAPP Anlaufstelle (Kooperation von DJV, Reporter*innen ohne Grenzen, DJU und weiteren) schreibt Folgendes: “Bei SLAPP […] geht es um die Einschüchterung kritischer Stimmen mittels rechtlicher Schritte: Abmahnungen bis hin zu aufwändigen Gerichtsverfahren, die von Unternehmen […] zur Abschreckung der kritischen Öffentlichkeit eingesetzt werden.”
Laut Wikipedia handelt es sich bei SLAPP um “eine rechtsmissbräuchliche Form der Klage, die den Zweck hat, Kritiker*innen einzuschüchtern und ihre öffentlich vorgebrachte Kritik zu unterbinden. Typischerweise geht es nicht darum, ob die Klage realistische Erfolgsaussichten hat, sondern darum, die Beklagten durch die zu befürchtenden Prozesskosten und den hohen Aufwand eines Gerichtsverfahrens dazu zu bringen, „freiwillig“ ihre Tätigkeit einzustellen.“
Genau so geht LAP Coffee gegen Kritik vor: SLAPP scheint für LAP das Mittel der Wahl zu sein. Weil dort LAP-kritisches Info-Material ausgelegt worden sein soll, erhielten die vier Läden in Berlin „strafbewehrte Unterlassungsaufforderungen“ der Anwält*innen von LAP, dieses Material zu entfernen. Wie die Läden berichten, wurde in diesen Unterlassungsaufforderungen der Streitwert durch LAP Coffee auf sage und schreibe 200.000 Euro festgelegt, ein völlig überhöhter fiktiver Wert.
In zivilrechtlichen Verfahren orientieren sich die Anwalts- und Verfahrenskosten direkt am (behaupteten) Streitwert. Im LAP Coffee Fall hätten durch den überhöhten fiktiven Streitwert alleine die Kosten für die erste Instanz vor Gericht etwa 20.000 Euro betragen. Deshalb hat LAP wohl diese Unterlassungsaufforderungen so eingebracht. Es ging nicht darum, ob LAP in der Sache recht hat oder nicht. Für LAP, gestützt durch milliardenschwere Investment-Fonds, sind 20.000 Euro Gerichts- und Anwaltskosten ein Witz. Für die kleinen Läden, die von den LAP Coffee Unterlassungsaufforderungen betroffen waren, wären 20.000 Euro eine enorme Summe.
Darauf spekuliert LAP. Selbst wenn die Chance, dass LAP einen Prozess vor Gericht gewinnen sollte, nur minimal ist, wäre bei einem solchen fiktiv aufgeblähten Streitwert das Risiko für die betroffenen Läden zu groß, um den Gang vor Gericht riskieren zu können. Gleichzeitig wäre für LAP Coffee offensichtlich kein Problem, dass sie einen eventuellen Gerichtsprozess mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verlieren würden.
Für ein paar Flyer und Plakate mit LAP-Kritik hätte LAP beispielsweise auch einen Streitwert von etwa 2.000 Euro ansetzen können mit resultierenden Kosten von ca. 1.400 Euro für die erste Gerichts-Instanz. Dann hätten die betroffenen Läden und LAP sich wohl vor Gericht getroffen, und es wäre juristisch gekärt worden, ob es überhaupt einen berechtigten Grund für die Unterlassungsaufforderung gibt.
Aber LAP Coffee geht es nicht um Klärung, sondern um Einschüchterung.
Stefanie Schneider von der Kampagne „LAP Coffee Scheisse“:
„Wie LAP äußerst aggressiv gegen jede Form von Kritik vorgeht, zeigt wieder einmal, dass das Gerede vom netten kleinen Nachbarschaftscafé in keiner Weise stimmt. Es geht um maximalen Profit, aufgebaut auf einer Imagekampagne vor allem in den sozialen Medien. Jede Form von Kritik an diesem Geschäftsmodell und dessen Auswirkungen soll offensichtlich zum Verstummen gebracht werden.“
LAP steht für milliardenschweres Kapital im Hintergrund, aggressive Expansion, knallhartes Vorgehen gegen Kritik, steigende Mieten, Verdrängung, Union Busting und die Rechtfertigung mieser Arbeitsbedingungen. Die Kampagne Lap Coffee Scheisse glaubt allerdings nicht, dass sich LAP Coffee durch diese SLAPP-Aufforderung an die drei kleinen Buchläden und den Stadtteilladen einen Gefallen getan hat.
Stefanie Schneider:
„Sie haben es geschafft, vier Läden in Berlin dazu zu zwingen, kein kritisches Material gegen LAP mehr auszulegen. Wir sind optimistisch, dass viele dieses Vorgehen so mies finden, dass es statt der vier von Repression betroffenen Läden bald dutzende Orte in Berlin geben wird, wo kritisches Material gegen LAP Coffee ausliegt.“
Wer Interesse hat, kritisches Material gegen LAP auszulegen, kann sich gerne bei der Kampagne Lap Coffee Scheisse melden.
„LAP kann Kritik nicht nur nicht verhindern, sondern hat sie selbst provoziert“, werden die betroffenen Läden im „Neuen Deutschland“ zitiert. Das sehen wir auch so und prophezeien, dass der Gegenwind für LAP aufgrund ihrer massiven Einschüchterungsversuche noch deutlich zunehmen wird.
LAP hat laut nd die strafbewerten Unterlassungsaufforderungen gegen die vier Läden eingereicht, lange bevor es auch nur zu einer einzigen Farb-Aktion gegen eine Lap-Filiale gekommen war. Seitdem – aber bevor dieses Vorgehen von LAP Coffee öffentlich wurde – sind jedoch alle LAP-Filialen in Berlin anscheinend zeitgleich neu eingefärbt worden. Offenbar fanden schon bisher viele Menschen LAP überhaupt nicht cool.
Stefanie Schneider:
„Wir denken, viele Menschen hier in Berlin und darüber hinaus sind jetzt erst recht richtig sauer, wenn sie mitkriegen, mit welchen Mitteln LAP Coffee gegen kleine Buch- und Nachbarschaftsläden vorgeht.Wenn es in Zukunft zu noch deutlich mehr Aktionen wie Farbbeutel-Würfen gegen LAP-Filialen kommt, wären wir nicht überrascht.“
Dieses SLAPP-Vorgehen ist übrigens keineswegs nur auf LAP Coffee beschränkt. “SLAPPs häufen sich in ganz Europa und stellen eine Bedrohung dar“, schreibt NoSLAPP. Auch deswegen hat die EU 2024 eine Richtlinie zum Schutz vor SLAPP erlassen, die bis Mai 2026 in nationales Recht umgesetzt werden muss.
// WARNUNG: Solltet ihr ein Café betreiben oder sonst Café anbieten oder verkaufen, besteht die große Gefahr, dass LAP Coffee umgehend wegen Wettbewerbsverletzung juristisch gegen Euch vorgeht, wenn sie mitkriegen, dass bei Euch LAP-kritisches Material ausliegt. Auch bei den jetzt von Repression betroffenen Läden war sich LAP Coffee nicht zu doof, hier persönlich Menschen vorbeizuschicken, um nach eventuell ausliegendem LAP-kritischem Material zu fahnden. //
Mehr Informationen:
Artikel im Neuen Deutschland: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195597.berlin-kaffee-kette-lap-billiger-kaffee-teure-anwaelte.html
NoSLAPP Anlaufstelle: https://www.noslapp.de/ueber-das-projekt
LapCoffeeScheisse: https://lapcoffeescheisse.noblogs.org/